Lesen

An dieser Stelle stelle ich einige Bücher vor, die mir besonders gefallen haben. Teilweise sind es Neuerscheinungen, teilweise Bücher, die es wiederzuentdecken gilt.


links: Livreria Lello in Porto

Almudena Grandes: Die wechselnden Winde, Rowohlt tb, 636 Seiten

In Deutschland relativ unbekannt ist die 2021 verstorbene spanische Autorin Almudena Grandes. "Die wechselnden Winde" erzählt die Geschichte von Sara, Olmedo und Maribel und den Kindern Andrés und Tamara. Sara wurde als Kind armer Eltern von einer bürgerlichen Familie in Madrid adoptiert. Olmedo war in seine Schwägerin verliebt, die bei einem Unfall ums Lebens kam. Beide versuchen mit der Flucht aus Madrid in eine südspanische Ferienanlage ihr altes Leben hinter sich zu lassen, auch wenn es sie immer wieder einholt. Olmedo hat zudem Tamara, die Tochter seiner verstorbenen Schwägerin unter seine Fittiche genommen. Er lernt Maribel und ihren Sohn Andrés kennen als er Maribel als Haushaltshilfe anstellt. Das faszinierende an Grandes' Erzählweise ist, wie wie sie alle diese Personen allmählich zusammenbringt und zu einer Art freundschaftlicher Familie zusammenwachsen lässt. Das Buch wird vom Verlag als andalusisches "Vom Winde verweht" beworben. Das ist absoluter Unsinn. Zwar gibt es auch eine Liebesgeschichte, aber den Fokus bilden die fünf Personen, ihre Vergangenheit und ihr allmähliches Zusammenwachsen.



Matias Faldbakken: The Hills, Heyne Verlag tb, 238 Seiten

Dieses Buch ist skurril und gefällt sicher nicht jedem. Erzählt wird die Geschichte vom Ober eines in die Jahre gekommenen Restaurants mit strikten Routinen und "old fashioned" Umgangsformen. All das gerät ins Wanken, als eine junge, unbekannte Frau in des Lokal kommt. Die Geschichte lebt von den minutionösen Beobachtungen des Obers, der seine Gäste bis auf die Sitzgwohnheiten kennt. Aber die junge Frau lässt auch seine klare Weltordnung (und die der Gäste) langsam kollabieren. Faldbakken erzählt das mit feiner Ironie, die manchal ins Groteske übergeht. 

Joseph O'Neill: Guter Ärger. Stories
 Rowohlt Verlag 2021, 173 Seiten
 
 Dichter streiten sich, ob sie an einer Edward Snowden Petition teilnehmen sollen. Ein Mann findet niemand, der ihm ein Leumundzeugnis ausstellen will. Ein anderer reist zur Hochzeit eines ehemaligen Collegekollegen nach Mailand. Niemand redet mit ihm. Also redet er mit einer Gans.
 O'Neills scheinbar unspektakuläre Stories richten einen scharfen Blick auf unsere Lebensweise im 21. Jahrhundert. Sie sind verblüffend, hintergründig und sprachlich brillant.